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Was können Sie bei Alzheimer tun?

In den Vereinigten Staaten gibt es eine Informationsbroschüre für Betroffene

Unter dem Titel "Wenn Sie die Alzheimer Krankheit haben: Was Sie wissen sollten, was Sie tun können" wurde in den Vereinigten Staaten ein Faltblatt von einer dortigen Alzheimer-Gesellschaft mit Unterstützung der Coca-Cola-Stiftung herausgegeben. Es soll Betroffenen, die die Diagnose in einem frühen Stadium der Demenz erfahren haben, ausgehändigt werden.

Bedingt durch die besseren Diagnosemöglichkeiten und die größere Offenheit bei Ärzten begegnen wir auch bei uns zunehmend Menschen, die die Diagnose Demenz zu einem frühen Zeitpunkt erfahren haben. Die Kenntnis der eigenen Diagnose muß nicht immer nur unter einem negativen Blickwinkel betrachtet werden, es können darin auch Chancen gesehen werden. Auch bei uns gibt es Menschen, die sich aufgrund ihrer bekannten Diagnose beispielsweise bereits einen geeigneten Platz in einem Pflegeheim ausgesucht haben, sich intensiv mit dem Krankheitsbild befaßt haben und andere wichtige Dinge regeln. Die Autorin des Buches "Wie in einem Labyrinth" {1} zeigt beeindruckend, wie bejahend eine Betroffene auch im Bewußtsein ihrer Erkrankung ihr Leben gestalten kann. Sicher handelt es sich dabei um Einzelbeispiele, die nicht verallgemeinert werden können.

Doch scheint es nicht umgekehrt sehr plausibel, daß die Art und Weise, wie wir alle in uns selbst und in der Öffentlichekit mit dem Thema Alzheimer-Krankheit umgehen, viel mit dem zu tun hat und darauf einwirkt, wie ein Betroffener mit sich selbst und seiner eigenen Erkrankung umgehen kann, selbst wenn er sich dessen gar nicht (mehr) so bewußt sein sollte?

Während man bei uns noch bemüht ist, überhaupt auf die Alzheimer-Krankheit aufmerksam zu machen und über die vielfältigen Belastungen zu informieren, ist man in den USA anscheinend schon einen Schritt weiter und versucht, auch offen mit den Betroffenen umzugehen. Die Scheu, über die Krankheit zu sprechen oder bekanntwerden zu lassen, daß ein Mitglied der Familie betroffen ist, hat man vielleicht schon abgelegt. Jeder weiß, daß er im Alter der Nächste sein kann, der betroffen ist. Die Augen zu verschließen, als ob man dadurch die Krankheit fernhalten könnte, nützt schließlich niemandem etwas.

In der Broschüre, die sich an Gesunde sowie Kranke richtet, die jüngst von ihrer Diagnose erfahren haben, heißt es:

"Ihre Krankheit wird viele Veränderungen in Ihr Leben bringen - Veränderungen, über die es Ihnen möglicherweise schwer fallen wird, nachzudenken. Aber zu wissen, was zu erwarten ist, wird Ihnen mehr Möglichkeiten geben, vorauszuplanen.

Sie werden zunehmend Schwierigkeiten bemerken, zu denken und sich zu erinnern, zu lesen und zu schreiben, neue Informationen aufzunehmen und Entscheidungen zu treffen. Möglicherweise werden Sie Schwierigkeiten bekommen, gewohnte Aufgaben zu übernehmen, wie Autofahren, finanzielle Angelegenheiten zu regeln oder aktuelle Ereignisse zu besprechen. Später dürfte es Ihnen auch schwerfallen, sich anzuziehen oder zu baden. Diese Veränderungen Ihrer Fähigkeiten werden ebenso mit Veränderungen in Ihrer Lebensgestaltung und in Ihren Beziehungen zu anderen Menschen einhergehen. Es wird gut für Sie sein, ein weniger kompliziertes Leben zu führen, mit einem einfachen, festgelegten Ablauf, weniger Gegenständen, die verlegt werden können, weniger Möglichkeiten für einen Unfall.

Dies bedeutet auch, daß Sie sich mehr und mehr auf Ihre Familie, Freunde und Professionelle verlassen werden müssen, die Ihnen helfen. Mit der Zeit wird es notwendig werden, diesen Personen viele Verantwortungsbereiche zu übertragen - der Umgang mit Ihrem Scheckbuch, das Vorbereiten Ihrer Mahlzeiten, Ihre Wohnung in Ordnung halten. Wenn Sie es gewohnt waren, ein unabhängiges Leben zu führen oder für andere zu sorgen, dürfte es Ihnen schwerfallen, diese neue abhängigere Rolle zu akzeptieren. Verständlicherweise werden Sie sich unter Umständen von Zeit zu Zeit enttäuscht, zornig oder deprimiert fühlen.

Zu lernen, Hilfe anzunehmen, kann auch bereichernd sein für Sie oder für die, die Sie lieben. Etwas, das die Alzheimer-Krankheit nicht verändern wird, ist Ihr Bedürfnis nach Freundschaft und Zuwendung. Sie werden die Anwesenheit anderer Menschen weiterhin brauchen und schätzen - die Berührung durch eine Hand, ein Lächeln oder eine Umarmung - so wie Sie es schon immer gebraucht haben, so wie wir es alle brauchen. Sie werden auch weiterhin an Nähe und Intimität Freude haben."

Der nächste Absatz trägt die Überschrift "Tag für Tag".

"Eine der frustrierendsten Seiten, alzheimerkrank zu sein, ist, zu fühlen, daß Sie die Kontrolle über Ihr Leben aufgeben. Aber es muß nicht so sein. Es gibt viele Dinge, die Sie für sich tun können, viele praktische Schritte, die Sie unternehmen können, um für Ihr eigenes Wohlergehen zu sorgen.

  • Seien Sie Patient. Sie haben eine Krankheit, die auf viele Ihrer Fähigkeiten einwirkt. Seien Sie nicht zu hart zu sich selbst. Nehmen Sie Hilfe an, wenn sie angeboten wird - und bitten Sie darum, wenn Sie welche brauchen.
  • Arbeiten Sie mit Ihrer Familie und Ihren Freunden zusammen, um die Hilfen zu erhalten, die Ihnen zustehen, wie zum Beispiel einen Schwerbehindertenausweis und medizinische Versorgung.
  • Seien Sie nicht verlegen, andere zu bitten, etwas zu erklären oder zu wiederholen, was sie zu Ihnen gesagt haben. Sagen Sie ihnen einfach: Sie haben ein Gedächtnisproblem.
  • Schreiben Sie Dinge auf. Machen Sie Notizen über sich selbst und andere, Listen über Dinge, die zu tun sind, Merkzettel darüber, wo bestimmte Dinge zu finden sind. Lassen Sie Bleistift und Papier Ihr Gedächtnis sein.
  • Legen Sie wichtige Dinge - Schlüssel, Brille, Gebiß, Geld - jedesmal an denselben Platz. Machen Sie sich eine Notiz, wo dieser Platz ist.
  • Sorgen Sie für Ihre körperliche Gesundheit. Bewegen Sie sich regelmäßig, halten Sie Ihre Diät ein, schränken Sie den Alkoholkonsum ein oder trinken Sie gar keinen Alkohol mehr und nehmen Sie Ihre Medikamente, wie sie verordnet wurden.
  • Achten Sie auf Ihre seelische Gesundheit. Reden Sie mit Ihrer Familie und Freunden und mit Ihrem Arzt. Haben Sie keine Angst, zuzugeben, daß Sie traurig oder deprimiert sind - in vielen Fällen kann Ihnen Ihr Arzt auch Medikamente verschreiben, die helfen."

In einem weiteren Abschnitt der Broschüre werden unter der Überschrift "Voraus-planen" einige rechtliche und finanzielle Dinge angesprochen, die vorbereitend für die Zukunft geregelt werden können.

In den Vereinigten Staaten gibt es inzwischen über tausend Angehörigengruppen, fast in jedem Ort ist eine zu finden.

Offenheit und die Veränderung von Einstellungen ist eine Aufgabe, die uns alle angeht und auf uns alle einwirkt, die (noch) nicht Betroffenen, Betroffenen und die Angehörigen.

Günther Schwarz

 


{1} Diana Friel McGowin, Living in the Labyrinth
E-Mail LILAUTHOR1@aol.com
Homepage http://members.aol.com/LILAUTHOR1/index.html
Bei Diana wurde etwa 1992 die früh einsetzende Variante der Alzheimer-Krankheit diagnostiziert. Das Buch wurde in 11 Sprachen übersetzt.

 


 

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