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Indirekt

selbstzerstörerisches Verhalten

bei Demenz?

© Dr. Dr. Herbert Mück, Köln

USA. Wer weder ißt noch trinkt und lebensnotwendige Medikamente nicht einnimmt, handelt selbstzerstörerisch. Nicht immer ist klar, ob es sich um ein bewußtes und gewolltes Vorgehen handelt oder ob der Betreffende zu einem konstruktiveren Verhalten nicht mehr in der Lage ist. Verschiedene Studien belegen, daß indirekt selbstzerstörerische Verhaltensweisen in Pflegeheimen sehr verbreitet sind und daher besondere Aufmerksamkeit verdienen.

Über das bescheidene Wissen zu diesem Problembereich geben Y. Conwell und Mitarbeiter einen Überblick. Sie weisen darauf hin, wie relativ selten Demenz-Kranke Suizidversuche unternehmen, also direkt selbstzerstörerisch handeln. Die Unfähigkeit solche Akte zu planen und gezielt umzusetzen, mag ebenso dafür verantwortlich zeichnen, wie die umfassende Kontrolle, die manche Pflegeheime gegenüber ihren Bewohnern ausüben.

Die amerikanischen Autoren werfen die Frage auf, ob aggressive Verhaltensweisen Demenz-Kranker (z.B. das Schlagen von Betreuern) eine Form der indirekten Selbstzerstörung sein können. Denn derartige Akte bewirken, daß die Betreuer die Pflege unterlassen oder einschränken. Eine solche Annahme stößt jedoch auf Zweifel. So fragt sich, inwieweit man Demenz-Kranken noch die notwendige "Absicht" unterstellen kann und ob ihre Aggression nicht eher Ausdruck ihrer Unfähigkeit ist, sich rational bzw. verbal zu verständigen. Auch andere indirekt selbstzerstörerischen Verhaltensweisen Demenz-Kranker sollten nicht vorschnell als "Verweigerung" (von Nahrung, Flüssigkeit, Medikamenten usw.) interpretiert werden. Denn es kann genau so gut sein, daß der Betreffende die Notwendigkeit regelmäßiger Ernährung nicht mehr einsieht oder aufgrund einer Apraxie außerstande ist zu schlucken.

Schon diese wenigen Hinweise verdeutlichen, wie wichtig es ist, sich mit indirekt selbstzerstörerischen Verhaltensweisen Demenz-Kranker eingehender zu befassen.

Y. Conell et al.: Indirect self-destructive behavior among elderly patients in nursing homes. Am. J. Geriatric Psychiatry 1996 (4), 152-163


Wir danken

für die Bereitstellung des Textes aus dem ZNS- bzw. DEMENZ-SPEKTRUM

 

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