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Autopsie

von Jochen Gust

Wenn ein Alzheimerkranker verstorben ist, kann eine Autopsie vielfältige Erkenntnisse sichern und neue Therapieansätze erforschen. Die Mithilfe der Angehörigen ist gefragt.

Die klinisch nach international gültigen Kriterien aufgestellte Diagnose einer "wahrscheinlichen Demenz vom Alzheimer-Typus" kann nur durch eine Autopsie mit letztgültiger Sicherheit bestätigt werden. Dabei stimmen etwa 20 Prozent aller klinischen Diagnosen "Alzheimer" nicht mit den Befunden der Autopsiediagnosen überein. Für viele molekularbiologischen Untersuchungen wird menschliches Gehirngewebe benötigt – der Erkenntnisgewinn anhand der Forschung an Tieren ist beschränkt. Um neue Untersuchungsmethoden zu etablieren und neue Therapieansätze zu entwickeln, ist die Durchführung von Autopsien unerlässlich. In der Praxis spielen diese Untersuchungen nach dem Tod eine besonders wichtige Rolle, wenn es um die Entdeckung und Beschreibung von Subgruppen und Mischformen von Demenzkrankheiten geht.

Weshalb eine Autopsie?

Da sowohl Angehörige, als auch Ärzte und die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit von einer Autopsie profitieren, sollte der behandelnde Arzt möglichst frühzeitig mit den Angehörigen, und möglicherweise mit dem Erkrankten selbst, über die Möglichkeiten und den Ablauf sprechen.
Der Nutzen der Untersuchung besteht für Angehörige unter anderem darin, dass eine Diagnose, die zu Lebzeiten des Erkrankten auf "Wahrscheinlichkeiten" beruht, dann gesichert werden kann und Angehörige Kenntnis über die genaue Todesursache bekommen. Eventuell kann durch die Autopsie auch eine familiäre Neigung, das Vererbungsrisiko, bestimmt werden. Ebenso der Nachweis, dass der Erkrankte zu Lebzeiten die bestmögliche medizinische und pflegerische Versorgung erhielt, kann erbracht werden. Ärzte profitieren von einer Autopsie in jener Weise, dass eine Autopsie gewissermaßen eine "Qualitätskontrolle" bedeutet. Die zu Lebzeiten aufgestellte Diagnose kann korrigiert, erweitert oder gesichert werden. Auch können autoptisch eventuelle Komplikationen der Behandlung sowie die Wirkungen und Nebenwirkungen von Medikamenten analysiert werden.

Auch neuere beim Erkrankten zu Lebzeiten angewandte diagnostische Untersuchungsmethoden – z.B. mittels bildgebender Verfahren, können hierdurch auf ihre Ergebnisse hin überprüft werden. Gesamtgesellschaftlich sind Autopsien – gerade auch bei Alzheimerkranken – von besonderer Bedeutung. Durch die gewonnenen Erkenntnisse können neue Methoden der Früherkennung umgesetzt werden, erforderliche Therapieoptimierungen diskutiert und Aufklärung und Beratung für Angehörige, aber auch in Zukunft betroffene Patienten selbst, betrieben werden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Statistik der Todesursachen hinsichtlich der Alzheimerkrankheit verfälscht wird, da im Totenschein ohne Autopsie nicht die Erkrankung vermerkt wird, sondern die "Komplikation", an welcher der Erkrankte schließlich verstorben ist, eingetragen wird – wie beispielsweise eine Lungenentzündung oder Herzversagen.

Autopsie bedarf vorheriger Beratung

Sicherlich ist die Vorstellung eines Ablaufes, sofern man eine Vorstellung davon hat, einer Autopsie keine angenehme. Dennoch ist eine Autopsie gerade bei einer Erkrankung, die weder in ihren Ursachen ausreichend erklärt, in all ihren Formen erkannt, noch geheilt werden kann ein wichtiges Instrument, Fortschritte in der Forschung zu erzielen. Ärzte sowie Mitarbeiter der Altenhilfe sind gefordert, Angehörige auf die Möglichkeit einer Autopsie beim Erkrankten hinzuweisen, Informationen und Gespräche dazu anzubieten oder zu vermitteln.


Jochen Gust


 

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