[AlzheimerForum => Übersicht => Angehörige berichten]

Logo: AlzheimerForum
Logo: Alzheimer Angehoerigen Initiative e.V.

Der einfühlsame Umgang mit dem Demenzkranken


professionelle Hilfe auf den Stand bringen -
Vortrag von
Heidrun Jacob-Anklamm, Altvaterstr. 13, 14129 Berlin
gehalten auf dem
1. Symposium der Alzheimer Angehörigen-Initiative e.V.
am 18. September 1999 in der Urania, Berlin

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Angehörige unserer Demenzkranken,

"Früher war mein Mann eher ein geselliger Typ. Seit einigen Jahren zieht er sich immer mehr zurück. Ich habe sogar das Gefühl, daß er eine richtige Abneigung gegen Menschen entwickelt. Allmählich fehlen mir die Kontakte zu Freunden und Bekannten. Wie bringe ich ihn dazu, wieder kontaktfreudiger zu werden?"

Diese Sätze fand ich im August in einem Leserbrief einer Apotheker-Zeitung, und sie machten mich sehr betroffen. War dies nicht auch unsere Geschichte? Diese Ehefrau steht z.Zt. vor demselben Fragezeichen, das mich vor ca. 12 Jahren beschäftigte, und ich nehme an, daß auch Ihnen, liebe Angehörige, es ähnlich ergangen ist.

Die auf diesen Leserbrief antwortende Dipl.-Psychologin zeigte der Anfragenden etliche Möglichkeiten auf, worin ihre Probleme liegen könnten. Veränderungen der Bedürfnisse, eine große Enttäuschung, irgendeine körperliche oder seelische Schwäche, derer er sich schämt und sich nun minderwertig fühlt. Die Angst vor Ablehnung oder auch eine Depression könnten dahinter stecken. Sie soll mit ihm reden, ihn auffordern, ihre Wünsche mit ihr zu teilen, und wenn das alles nichts hilft, sich alleine auf den Weg machen. Zum Schluß empfiehlt die Psychologin bei weiterer Verstärkung des Rückzugs ihres Mannes, den Kontakt zu einem Psychotherapeuten aufzunehmen.

Diese Geschichte könnte die Biographie meiner Familie sein. Nur würde ich es heute anders machen und die Schlußempfehlung an den Anfang stellen.

Nancy und Ronald Reagan sei Dank, daß sie vor 4 Jahren mit seiner Alzheimer-Erkrankung an die Öffentlichkeit gegangen sind. Plötzlich litt eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens an einer Krankheit, von der viele Menschen nur vage Vorstellungen hatten. Medien aller Couleur sorgten nun für Aufklärung und viele Ärzte wurden sensibler und aufgeschlossener für dieses Krankheitsbild, weil immer mehr Menschen fürchten, daß sie selbst davon betroffen werden können.

Damals vor mehr als einem Jahrzehnt fühlten wir uns aber noch sehr unverstanden und allein gelassen, als mein Mann stark introvertiert wurde und immer mehr Anforderungen von außen aus dem Wege zu gehen versuchte.

Wir haben eine Odyssee von Arztbesuchen und Vermutungen hinter uns.

Lange Zeit gingen die Ärzte bei meinem Mann von Stoffwechselstörungen oder gar einer eventuellen Amalgamvergiftung aus, doch deren Behandlung erbrachte keine Besserung. Eine durchgeführte Haaranalyse in einem renommierten Schweizer Institut erbrachte nur eine extrem hohe Aluminiumbelastung. Da diese als Alzheimer-Mitverursacher in Deutschland kaum Beachtung findet, konnte mir nur ein Heilpraktiker zu einer Zinkbehandlung raten. Diese hatte für meinen Mann sehr belastende Nebeneffekte, so daß wir diese Behandlung bald abbrechen mußten. Ein Psychologe meinte sogar, ich solle ihm doch seine Rentnermentalität lassen und ihn als jüngere Frau nicht überfordern.

Endlich fanden wir einen Sportmediziner, der mir allein gegenüber den Verdacht der Alzheimer-Erkrankung äußerte und entsprechende Untersuchungen veranlaßte, die dieses Krankheitsbild bestätigten.

Meinen Mann hielten wir in dem Glauben, daß ihn Stoffwechselstörungen und vielleicht nicht verarbeitete Geschehnisse aus seiner Jugend, im Kriege um die Schlacht von Monte Cassino, belasteten. Wir sprachen offen über seine Probleme und versuchten mit Ruhe und gegenseitigem Verständnis sie behutsam zu formulieren.
Unser Arzt versorgte mich mit Fachliteratur. Nun endlich wußte ich die Schwächen meines Mannes zu erklären. Dieses Wissen um diese unheilbare Krankheit mit dem lange zu gehenden Leidensweg für meinem Mann, der immer gesund, sportlich und geistig aktiv, ein liebevoller Familienvater und Freund, ein mittragender Partner im gemeinsamen kleinen Unternehmen gewesen ist, veränderte unser Leben.

Das Rätselraten war vorbei, auch wenn ich diese Wahrheit zunächst nicht zulassen wollte.

Mit Vitaminen und Mineralien und dem damals in Deutschland noch nicht zugelassenen Tacrin versuchten wir, die Verschlimmerung aufzuhalten. Obwohl ich meinem Mann sagte, daß er sich keine Sorgen zu machen brauche, ich ihm immer helfen und für ihn da sein würde, wurde sein Verhalten unausgeglichener und häufiger trotzig.

Er begann einen stillen Kampf mit sich selbst und zog sich immer mehr mit seiner Kriegslektüre in sich selbst zurück.

Mein Mann war immer weniger gewillt, sich Untersuchungen zu unterziehen und reagierte auf alles, was er nicht mehr einsah, zunehmend aggressiv. Als uns dann noch der behandelnde Nervenarzt sagte: "Ich kann Ihnen nicht mehr helfen Sie brauchen nicht mehr weiter zu kommen", begann für uns die schwerste Zeit, geprägt von Hoffnungslosigkeit und Alleingelassensein.

Mit sehr viel Verständnis versuchte ich meinem Mann seine Selbständigkeit zu erhalten. In alle Taschen, ins Portemonnaie und Schlüsselbund waren unsere Anschrift und alle Telefonnummem eingegeben. Er hatte mehrere Kopien seines Ausweises bei sich und immer etwas Schokolade. Das war für ihn sehr wichtig, wenn er immer wieder seine kleinen Ausflüge in der Nähe machte. Leider verlief er sich immer häufger, es war für ihn sehr schwer einzusehen, daß er nicht mehr allein aus dem Haus gehen durfte, so daß ich oft am Tage vom Betrieb nach Hause fuhr.

Da die Kinder noch in der Ausbildung waren und ich berufstätig bleiben mußte, brachte ich meinen Mann vorübergehend in ein offenes Seniorenheim in der Nachbarschaft, in der Hoffnung, daß Kontakte zu anderen älteren Menschen ihm tagsüber helfen könnten. Helferinnen schauten während des Tages stundenweise nach ihm, sorgten für seine Morgentoilette, sein Essen, seine Unterhaltung mit dem Femseher und dem Radio und gingen täglich mit ihm spazieren.
Seine kleine Wohnung hatten wir gemeinsam mit den Sachen eingerichtet, die er von zu Hause mochte, damit er sich wohlfühlte. Jeden Abend bis zum Schlafengehen und an· den Wochenenden übemahmen wir selbst seine Betreuung. Wir schauten gemeinsam Musiksendungen und Kulturfilme an, spielten leichte Puzzles, Domino und schauten immer wieder viele Reise- und Bilderbücher sowie Familienfotos an. Wir untemahmen Autoausflüge, Dampferfahrten und Spaziergänge. Daran hatte er große Freude. Sein Krankheitsbild verschlechterte sich schleichend, seine Wortfindung nahm immer mehr ab und die Inkontinenz gegann, so daß Mitbewohner gegen seinen dortigen Verbleib mit anonymen Anrufen und Beschimpfungen rebellierten und ich nach einer neuen Lösung suchen mußte. Ich schaute mir in Berlin über ein Dutzend Pflegeheime an. Dies war für Demente so niederschmettemd, daß ich meinen Mann wieder mit nach Hause nahm.

Mein Hausarzt riet mir, privat Menschen zu suchen, die ich anleiten sollte, um sie in Form von Laienpflegem in die Betreuung meines Mannes einzubinden. Er bat mich energisch, berufstätig zu bleiben, denn nur so könne ich mir meine psychische und physische Kraft für diese Krankheit meines Mannes erhalten Wie recht sollte er behalten! Ich bin ihm für diesen Rat immer wieder dankbar!

Ich hatte das unwahrscheinliche Glück, diese Hilfen gefunden zu haben. In einem sehr langen und offenen Gespräch vermittelte ich diesen Frauen, die selbst viele Sorgen und Probleme in ihren Familien bewältigt hatten, die ganze Problematik dieser Krankheit.
Ich gab ihnen eine sehr einfühlsame und sachlich geschriebene AngehörigenBroschüre und sagte ihnen immer wieder, daß sie in den Stunden meiner beruflich bedingten Abwesenheit ihre ganze Aufmerksamkeit nur meinem Mann widmen sollten, sonst würde ich meinen Beruf aufgeben müssen: ich machte sie auf seinen immer schwächer werdenden Wortschatz, seine hin und wieder auftretende - oft vollkommen unerwartete - Aggression und die zunehmende Inkontinenz in Form von Toilettengangverweigerung aufmerksam. Nach wenigen Tagen sagten sie zu und meinten: "Frau Jacob, wir schaffen es mit Ihnen und Ihrer Familie gemeinsam.

Meine Damen und Herren,

diese Helferinnen, die sich mit mir um meinen Mann wie um das eigene Kind kümmerten, gaben mir endlich wieder Zuversicht und Mut!

Ich war in der Betreuung nicht mehr allein und hatte Menschen gefunden, die sich nach meinen Vorstellungen mit Umsicht, Einfühlungsvermögen - aber auch mit liebevoller Konsequenz - in den Stunden meiner beruflichen Abwesenheit bejahend und positiv denkend um meinen Mann kümmerten.

Meine Helferinnen kamen morgens, bevor ich aus dem Hause gehen mußte. Ich hatte meinen Mann bereits angezogen und seine Morgentoilette erledigt. Ich hatte ihm etliche baumwollene Jogginghosen besorgt und in der Vordernaht Reißverschlüsse einnähen lassen. Das erleichterte vieles.

Zum Mittag hatten wir das Johanniter-Essen, das unsere Hilfen nur aufzuwärmen brauchten. Zunächst ging das Essen und Trinken allein, später mußten wir auch hier Hilfestellung geben.

Als ehemaliger starker Raucher war er nun besonders für Süßigkeiten empfänglich, viel Obst und Kuchen. Diese Dinge oder schöne beschwingte Tanzmusik konnten besondere Unruhe und beginnende Aggressionen beschwichtigen helfen.

Unsere Helferinnen waren immer präsent, sie gingen mit ihm in der Wohnung spazieren, führten ihn an die Fenster und auf den Balkon, wo es immer etwas zu beobachten gab.
Das Spazieren außerhalb der Wohnung mußten wir allmählich einstellen, weil er sich oft losriß und auch das Treppensteigen bald nicht mehr begriff.

Mein Mann hatte nun sein eigenes Zimmer, das wir, wie auch den Flur, mit PVC ausgelegt hatten. In allen Ecken, schnell parat, standen gleichfarbige Eimer,12 Stück an der Zahl. Nirgends stand oder lag etwas Gefährliches herum. Er wollte immer noch selbständig bleiben, doch mußten wir ihn zunehmend beobachten. Alles fasste er an, vieles versuchte er zu essen.
Da sein Verhalten immer mehr dem eines Kleinkindes glich, kaufte ich schenkelhohe Türgitter und setzte sie zwischen sämtliche Wohnungstüren. So konnten wir je nach Gefahr oder Bedarf einige Gitter auflassen, andere wiederum schließen. So hatte er des nachts die Möglichkeit, in seinem Zimmer, Flur und Bad herumzulaufen, ohne daß ich mich sorgen mußte. In allen Räumen hatte ich gedämpftes Licht. Er konnte überall hinschauen und beobachten und stand nicht vor verschlossenen Türen. Nur die Wohnungstür war besonders gesichert. Die schenkelhohen Gitter hatte er akzeptiert und wollte sie manchmal sogar selbst zumachen. Ich glaube, wir hatten für sein Wohl, seine Sicherheit und unser weiteres Zusammenleben in dieser Zeit optimale Lösungen gefunden.

Zufällig hörte ich dann im Radio ein Interview mit Frau Drenhaus-Wagner und fand den Kontakt zu ihr und der Angehörigen-Gruppe in Zehlendorf. Leider wollte mein Mann unsere Wohnung nur noch selten verlassen, so daß die Treffen mehr durch Telefonate ersetzt werden mußten. Aber auch diese gaben mir sehr viel.

Ich litt an den Abenden und an den Wochenenden zunehmend darunter, daß kaum noch Freunde hereinschauten.
Wie bin ich froh, daß ich mir trotz dieser großen Belastung meine Berufstätigkeit erhalten konnte, denn unsere Helferinnen waren unserer Familie zu Freundinnen geworden.

Dann - vor 1 1/2 Jahren- passierte es bei einer seiner nächtlichen Wanderungen in unserer Wohnung, daß er hinfiel und sich den Oberschenkelhals brach, was ihn ins Krankenhaus brachte. Ich bestand auf eine Klinik in meiner Nähe. Wegen seiner fortgeschrittenen Demenz trauten sich die Chirurgen nicht, ihn zu operieren, und versuchten, die Bruchstelle durch alternatives Liegen und Stillegen zu heilen.

Die Schwestern waren reizend zu uns, glaubten aber immer wieder, daß sie es hier mit einem Schlaganfallpatienten zu tun hätten. Nur wenige Schwestern wußten etwas über dieses Krankheitsbild, viele hatten während ihrer Ausbildung nichts von der 'Alzheimer' gehört. Da wir fast täglich dort waren, standen wir den Schwestern zu Fragen des Umgangs regelmäßig zur Verfügung, klärten sie auf und gaben auch ihnen die Angehörigen-Broschüre zum besseren Verständnis. Die Schwestern waren uns äußerst dankbar für alle Informationen.

Durch die zu geringe Ansprache verschlechterten sich sein Sprachvermögen und seine Aufmerksamkeit zunehmend. Dafür nahm ein undefinierbares lautes Schimpfen den Anfang. Die Geriatrie wollte ihn zur Rehabilitation fast nicht mehr aufnehmen, da in der Abteilung die Meinung vorherrschte, wozu eigentlich, der lernt das Laufen doch sowieso nicht. Nach wenigen Tagen in der RehaAbteilung löste sich durch den Lifter die Bruchstelle. Mein Mann machte sich durch schmerzverzerrtes Schreien bemerkbar. Ich sprach die Stationsschwester darauf an und sagte, es müsse etwas nicht in Ordnung sein. Sein Schreien höre sich nach Schmerzen an. Da wurde mir geantwortet: "Ihr Mann schreit doch sowieso sehr viel, was soll da schon Besonderes sein !"

Am 3. Tag rief ich einen sehr verständnisvollen Arzt in der Chirurgie an und bestand darauf, daß die Bruchstelle überprüft würde. Sofort nach der Röntgenuntersuchung rief mich die Oberschwester an, ich müsse schnellstens zur Unterschrift kommen, die Bruchstelle sei auseinandergerutscht, es müsse sofort eine Notoperation vorgenommen werden.

Der Chefarzt operierte selbst. Er rief mich nach der Operation an, entschuldigte sich für das lange Zögern und riet mir dringend, meinen Mann nicht mehr mit nach Hause zu nehmen. Er würde nach der OP-Genesung dafür Sorge tragen, daß mein Mann in die hauseigene Pflegestation käme. Seine Alzheimer-Erkrankung sei so fortgeschritten, das könne ich zu Hause nicht mehr schaffen.

Durch diesen langen Krankenhausaufenthalt war mein Mann nun ein Vollpflegefall geworden. Schweren Herzens sagte ich zu und bin heute irgendwie erleichtert, daß der Arzt mir diese Entscheidung abgenommen hat. Auch als mein Mann in die Pflegestation verlegt wurde, haben wir mit der persönlichen Zuwendung nicht nachgelassen, auch wenn ich vermute, daß mein Mann mich nicht mehr erkennt. Undefinierbare Laute lassen seine Wünsche oft nur erahnen.

Mit Nachdruck bestand ich darauf, daß er, durch private Pflegekräfte unterstützt, wieder laufen gelernt hat. Aber die Zeit dafür ist viel zu kurz, so daß die Muskulatur immer schwächer und damit das Laufen immer schlechter wird. Wir sind fast täglich abends und an den Wochenenden dort. Mit Beharrlichkeit bestehe ich darauf, daß mein Mann so oft wie möglich aus dem Bett genommen, angezogen wird und in seinen Rollstuhl kommt. Auch dort sind uns unsere Laienpflegerinnen treu zur Seite geblieben. Dadurch kann er von uns auch sehr häufig im Krankenhausgarten spazierengefahren werden. Häufig suchen wir das Hauscafe auf, das mit seiner Terrasse und den anderen Patienten meinen Mann anregt und ihm etwas zum Herumschauen gibt.

Er bekommt dabei von uns so viel Zuwendung und obwohl wir wissen, daß er nur noch sehr wenig aufnimmt und versteht, unterhalten wir uns bei allen Besuchen mit ihm.
Wir halten das Pflegepersonal an, daß nachmittags bis zum Abend das Radio angestellt wird. Der Sender 88.8 bringt mit Unterbrechungen so viel melodische Musik, auch aus früheren Jahren, daß dies für meinen Mann und seinen Parkinson-Mitpatienten angenehm wirkt und auch beruhigend.

Wir sorgen dafür, daß mein Mann sein Essen so bekommt, daß er es auch kauen kann. Wir bitten immer wieder, daß er so gebettet wird, daß er am Tage nicht nur an die Decke schauen muß. Wir sorgen dafür, auch das muß wiederholt werden, daß mein Mann im Rollstuhl so gestellt wird, daß er mit dem Rücken zur Wand steht und dadurch sowohl zum Fenster als auch zur Tür schauen kann. Ihm gegenüber hängen mehrere schöne Bilder und machen die weiße Wand interessanter. Der Aufenthalt in dem kleinen Stationswohnzimmer zur Kommunikation mit den anderen Patienten ist nicht mehr möglich, weil kein Personal zur Beaufsichtigung da ist. Die offene Flurtür mit dem Kommen und Gehen von Personen ist für ihn anregend. Wir merken oft, daß er - wenn wir kommen - erst abwesend ist, aber dann wieder freudig erregt. Die körperliche Zuwendung oder das Füttern mit kleinen Naschereien erregt immer wieder seine Aufmerksamkeit uns gegenüber.

Dies alles und seine noch recht gute körperliche Verfassung sind sicherlich ganz wesentlich auf unseren so starken persönlichen Einsatz zurückzuführen.

Ich bin froh, daß mein Mann in einer Einrichtung in meiner Nähe lebt, er gute körperliche Pflege und eine ausgeglichene reichliche Ernährung bekommt. Durch unsere Nähe und unseren persönlichen Einsatz im Einvernehmen mit dem viel zu knappen Pflegepersonal können wir die Defizite eines Heimaufenthaltes durch fast tägliche Besuche ausgleichen und ergänzen.

Ich glaube, daß wir durch unser gutes einfühlsames Umgehen mit unseren kranken Angehörigen Vorbildfunktion übernehmen, so daß das Pflegepersonal trotz aller beruflicher Problematik positiv beeinflußt und zusätzlich motiviert werden kann.

Wichtig ist für mich, diese Krankheit anzunehmen und zuzulassen. Mein Mann lebt noch nach so vielen Jahren der Krankheit. Er ist noch ansprechbar, er schaut uns noch an, wir können ihn noch immer zum Lächeln bringen! Ich betrachte meinen Umgang mit ihm so, wie ich es mir von ihm wünschen würde, hätte ich statt seiner diese Krankheit. Nicht nur er braucht Hilfe. Das tägliche Zusammensein ist auch für mich wichtig. Wie oft haben wir den Spruch der einst so beliebten Poesiealben in der Schule gelesen:

"Denn die Liebe, die wir geben, kehrt ins eigene Herz zurück!"


 

Zurück zum Anfang des Dokuments