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VorstellungMeine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte Sie ganz herzlich begrüßen. Zunächst stelle ich mich kurz vor: Mein Name ist Susanne Drenhaus und ich bin Krankenschwester und werde in Kürze die Leitung einer Sozialstation der Volkssolidarität in Berlin - Mitte übernehmen. In den letzten Jahren arbeitete ich ehrenamtlich in der Alzheimer Angehörigen-Initiative mit und konnte so die Entwicklung des Alzheimer-Tanzcafés mitverfolgen und mitgestalten. Ein Alzheimer-Tanzcafé - "Was ist das eigentlich?" oder: "Geht das überhaupt noch?" werde ich immer wieder auch von professionellen Pflegepersonen gefragt. Ich möchte Ihnen heute die Idee und die Einrichtung des Alzheimer-Tanzcafés vorstellen oder noch einmal vorstellen - nicht wenige pflegende Angehörige sind heute unter den Zuhörerinnen und Zuhörern, einige sind regelmäßige Besucher des Cafés. |
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Ein fiktives BeispielDoch zunächst möchte ich sie einladen, ein Ehepaar - nennen wir es das Ehepaar Meier- kennen zu lernen und es dann gedanklich auf einem Ausflug zu begleiten. Herr und Frau Meier sind beide um die siebzig. In den langen Jahren ihrer Ehe war es eine liebe Gewohnheit, sonntags Ausflüge in den Grunewald oder nach Tegel zu unternehmen. An diesen Tagen gönnten sie sich einen Café- oder Restaurantbesuch, der den Tag abschloss. Lange waren sie Mitglieder eines Kegelclubs. Auch hier genossen sie die mehrmals im Jahr stattfindenden Vereinsfeiern und die Treffen mit Bekannten und Freunden. Seit einigen Jahren geht das alles nicht mehr. Bei Herrn Meier wurde vor drei Jahren die Alzheimer-Krankheit festgestellt. Er befindet sich im mittleren Stadium, kann sich zwar noch bewegen, benötigt aber permanent Betreuung und umfangreiche Hilfe bei allen Aktivitäten des täglichen Lebens. Frau Meier betreut ihren Mann. Sie bezieht über die Pflegeversicherungs- Geldleistungen und organisiert und sichert so die Versorgung ihres Mannes. So wird sie durch einen ambulanten Pflegedienst unterstützt, der zweimal täglich beim Waschen und An- und Auskleiden Herrn Meiers hilft. Eine der drei Töchter der Meiers wohnt in Berlin und kommt ein bis zwei Mal pro Woche, um die Mutter zu unterstützen. Frau Meier ist rund um die Uhr mit der Versorgung ihres Mannes beschäftigt, sich mit Bekannten oder Freundinnen zu treffen- dafür bleibt jetzt keine Zeit mehr. Auch werden die Besuche der Bekannten des Ehepaars immer seltener. Es kommt so gut wie niemand mehr - höchstens mal ein Anruf. Frau Meier weiß dann auch eigentlich nicht was sie sagen soll, Sie kann dann immer nur über ihren Mann reden und dabei hat sie den Eindruck, dass es niemand mehr hören will und sie auch niemanden mehr damit belasten will. Also bleiben sie allein - die Welt wird immer kleiner und einsamer für sie beide. |
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Auf Drängen ihrer Tochter unternimmt sie dann doch noch einmal mit ihrem Mann und der Tochter an einem Sonntag einen Ausflug - wie früher - in den Grunewald. Das Laufen fällt Herrn Meier eigentlich nicht schwer - nur manchmal will er nicht mehr weiter, bleibt einfach stehen. So ist der Weg anstrengend. Doch endlich ist das Café erreicht und alle freuen sich auf Kaffee und Kuchen. Schon bald merken sie, dass es nicht wie früher ist: als Frau Meier ihrem Mann die Inkontinenzhose oder allgemein "die Windel" wechseln muss, ist die enge Toilette ein großes Hindernis und vor allem der Weg dorthin, der über eine kleine Treppe führt. Als sie zum Tisch zurückkehren stehen die Gedecke bereits da. Frau Meier hilft ihrem Mann , die Tasse zu nehmen und gibt ihm auch die Kuchengabel in die Hand. Sieht aus wie früher - beide in ihrer schicken Garderobe- darauf haben sie immer viel Wert gelegt. Viele haben Frau Meier immer um ihren gut aussehenden Mann beneidet, sie war immer sehr stolz auf ihn. Plötzlich fasst Herr Meier mit der ganzen Hand in die Torte. Irritiert wischt er die Sahne an dem Tischtuch ab. Frau Meier ist erschrocken und möchte am liebsten weglaufen. Die Gäste an den Nebentischen schütteln die Köpfe: "So ein eleganter Mann und dann macht der so was...". Der Kellner kommt gleich mit einem Wischlappen und Servietten um "das Malheur" zu beheben. Als dieser Herrn Meiers Kuchen beiseite stellen will fängt Herr Meier laut an zu weinen. Als der Kellner dann auch noch einen "gemütlichen ruhigen Platz" im benachbarten Raum anbietet, bittet Frau Meier weinend, wütend und beschämt um die Rechnung. AnalyseWas ist passiert? In ein Café gehen - das ist Herrn Meier vertraut. Das Anziehen, die Taxifahrt der bekannte Weg zum Grunewald auch. Aber auch Dessertteller sind vertraut und da liegt zu Hause meistens das Frühstück oder das Abendbrot drauf und das isst Herr Meier mit der Hand. So will er wie gewohnt auch den Kuchen nehmen. Er fühlt die Sahne an den Händen und säubert sie an der Stoff-Tischdecke, die sich wie eine Serviette anfühlt und auch gleiche Farbe und Muster hat. Eigentlich eine kleine Ursache mit einer großen, schrecklichen Wirkung, die Herrn Meier und seine Frau entmutigen. Herr Meier fühlt die Ablehnung und Ausgrenzung, doch der Anlass bleibt ihm unklar und lässt sich für ihn nicht nachvollziehen. Nur dass es etwas mit ihm zu tun hat und dass er gehen muss, das spürt Herr Meier. Seine Frau empfindet die Ablehnung ebenso. Sie, die immer viel Wert auf ihre Gesellschaftsfähigkeit gelegt haben, sollen diese nun nicht mehr haben. Zurück bleibt das Gefühl von Ratlosigkeit, Resignation und Einsamkeit. Die gesellschaftliche Isolation ist fast die zwangsläufige Folge des fortschreitenden Verlaufs der Alzheimer-Krankheit. Da ist zum einen der hohe Betreuungsaufwand des Pflegenden: Immer wieder zeigt sich, dass pflegende Angehörige davon ausgehen, die Pflege allein bewältigen zu müssen, weil Hilfe von außerhalb in Anspruch zu nehmen als "Versagen" empfunden wird. Zum anderen führen die Störungen des Sozialverhaltens, des Kontrollverlusts über Körperfunktionen u.a.m. beim Kranken zum Rückzug von Verwandten und Bekannten. Mit dem "beruhigenden" Gefühl, dass der pflegende Angehörige "das schon macht", reden sie sich nicht selten ein, dass zuviel Menschen den Kranken ja nur nervös machen. Und dann kommen auch noch Ratschläge von denen, die sich zurückziehen. Das Beispiel der Familie Meier zeigt zumindestansatzweise, wie Diskriminierung und Stigmatisierung zu regelmäßigen Alltagserfahrungen werden. Zur Situation der DemenzfamilienPflegende Ehepartner erleben ihren Partner ambivalent: Einerseits ist er zwar noch da, andererseits gehen immer mehr vertraute Züge verloren. Es ist ein langer Abschied, der von der gegenseitigen Vertrautheit in die gegenseitige Fremdheit führt. Und dann kommen solche Gedanken wie: "Wir haben uns immer geschworen, uns gegenseitig bei zu stehen und uns zu helfen." Die meisten Pflegenden glauben deshalb, alles allein bewältigen zu müssen. Dies ist ein Irrtum, der oder die Pflegende überfordert sich in der Regel maßlos. Und mit der Überforderung ist auch eine ständige Angst vor dem Versagen verbunden. Man kann sich zwar noch verständigen - schließlich kennt man sich doch so gut - aber über seine Sorgen kann der Pflegende mit dem Kranken nicht sprechen. Er wird seine Sorgen einfach nicht mehr los. Da häufig kein Gedankenaustausch mit anderen mehr stattfindet, fühlt sich der pflegende Ehepartner bald ratlos, hilflos und allein gelassen. Betreuen Kinder ihre Eltern, sind die Probleme etwas anders gelagert. Häufig beansprucht die Betreuung eines erkrankten Elternteils einen großen Teil der Freizeit. Die eigene Familie kommt dabei häufig zu kurz und egal was man macht - ein schlechtes Gewissen ist immer da. Immer steht die Frage im Raum: "Ist mein Einsatz ausreichend, könnte ich nicht noch mehr leisten, merkt der oder die Kranke, wie viel ich tue? Die Rollen verkehren sich: Der Kranke, der mich immer gestützt hat, benötigt jetzt die ganze Fürsorge. Dies verursacht ein Gefühl der innerer Zerrissenheit. Endlich mal wieder ein Stück "normales" Leben zurückhaben - das wünschen sich eigentlich alle pflegenden Angehörigen von Alzheimerkranken. Noch einmal zu erleben, etwas gemeinsam "hinzukriegen". Sich einmal anlehnen können... Doch ein Stück "normales" Leben zu behalten, angenommen zu werden so wie man ist - trotz der Schwere der Krankheit - das bedeutet auch in Würde zu leben. Trotz der Schwere der Krankheit, trotz des veränderten Sozialverhaltens und trotz der kaum noch zu beherrschenden Gefühle. Ein Leben in Würde bewahren - das ist das Thema des diesjährigen Alzheimer-Symposiums und das ist auch das Ziel des Alzheimer-Tanzcafés. Damit Demenzkranke und ihre pflegenden Angehörigen nicht in die gesellschaftliche Isolation abgleiten, hat die Alzheimer Angehörigen-Initiative unter anderem mit dem Alzheimer-Tanzcafé eine Brücke aus der Vereinsamung in die Gemeinschaft gebaut. Grundgedanken zum Alzheimer-TanzcaféEntstanden ist die Idee während eines Bunten Abends auf einem der Betreuten Urlaube in Boltenhagen: Sollte es nicht möglich sein, die dort erlebte Gemeinschaft und Geselligkeit auch in Berlin möglich zu machen? Gesellige Nachmittage mit pflegenden Angehörigen oder auch professionellen Pflegekräften können nicht nur einen Ausgleich zum häuslichen und institutionellen Pflegealltag schaffen. Sie tragen auch dazu bei, dass individuelle, therapeutische und auch personelle Ressourcen optimal genutzt werden. Die Idee konnte bald umgesetzt werden und so fand im Februar 2001 zum ersten Mal das Alzheimer-Tanzcafé im Zehlendorfer Nachbarschaftsheim Mittelhof statt. Wie sieht nun solch ein Nachmittag im Alzheimer Tanzcafé aus und was bewirken Tanz und Musik bei den Demenzkranken? Der organisatorische RahmenDer große Saal des Mittelhofs, der täglich außer montags als Café genutzt wird, bietet ausreichend Platz für die 40 bis 50 - maximal 55 - Gäste. Und an diesem freien Montag - ganz genau an jedem dritten Montag findet in der zeit von 15:30 bis 18:00 Uhr das Tanz-Cafe statt. Die Gäste- Angehörige und Kranke kommen nicht nur aus Zehlendorf - einige nehmen sogar sehr lange Anfahrtswege in Kauf. Sie kommen mit dem PKW oder mit Hilfe eines Transportdienstes (Telebus), aber auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Und so fahren sie auch wieder nach Hause. Unser Gäste sind mehrheitlich Demenzkranke mit ihren Angehörigen. Aber auch Bewohner aus Pflegeheimen, kommen mit professionellen Pflegekräften zum Tanz-Cafe. Die Kosten für das Duo trägt freundlicherweise einer unserer Sponsoren, die Firma Ahorn-Grieneisen. Statt eine Saalmiete zu erheben, verkauft der Mittelhof Kaffee und Kuchen, den die ehrenamtlich arbeitende Bedienung verkauft. Das Eintrittsgeld von 3 ? pro Person deckt nur einen Teil der weiteren Kosten für die regelmäßigen Einlagen und vor allem für die hauptamtlichen Mitarbeiter der Alzheimer-Angehörigen-Initiative, die das Tanzcafé organisieren und aktiv gestalten. Festgelegte Abläufe und Rituale vermitteln SicherheitFür die Musik sorgt das Duo "Little Rock", das seit Beginn das Tanzcafés dabei ist und sich auf sein Publikum eingestellt hat. So ist das Repertoire auf die Hörgewohnheiten und die Bedürfnisse der von Mitte Vierzig bis teilweise hoch betagten Gäste abgestimmt. Dem Schneewalzer, der immer ein "Renner" ist, folgt beispielsweise ein Stück aus den Fünfzigern oder ein Schlager. Wiener Kaffeehaus-Musik ist nicht gefragt - man muss tanzen und mitsingen können. Großer Beliebtheit erfreut sich auch die "Polonaise Blankenese", die niemals fehlen darf und zu der natürlich eine Polonaise durch den Raum zieht.. Die Gäste kennen nicht nur die Musikstücke gut sondern - und das ist wichtig - auch den genauen Ablauf des Nachmittags. Demenzkranke brauchen Rituale, festgelegte Abläufe, um der Umgebung vertrauen zu können, um sich sicher zu fühlen. So wird der Tanznachmittag immer mit dem sanften Stück "California Blue" eröffnet, zu dem sofort alle aufstehen und zur Tanzfläche drängen. Nach gut einer Stunde haben die Musiker 20 Minuten Pause. Diese Zeit wird für eine Einlage genutzt. Das kann ein Tanzpaar sein- mal Erwachsene, mal Kinder - das einen Schautanz vorführt, Ein Akkordeonspieler, oder eine Cläre-Waldorff-Sängerin. Hierzu lassen wir uns immer etwas neues als Überraschung einfallen. Die bereits erwähnte Polonaise gibt es immer erst nach der Einlage. Zum Abschluss spielt das Duo immer "Auf Wiederseh'n und Dankeschön", das das Abschiedsritual bildet. Bei diesem Stück bilden alle Anwesenden- auch die Rollstuhlfahrerinnen und -Fahrer einen großen Kreis, fassen sich an den Händen und spüren so die Verbundenheit untereinander. Vertraute Melodien aktivieren Informationen aus dem Langzeitgedächtnis und setzen Energien freiSo unterschiedlich, wie die Gewohnheiten und Lieblingsstücke der Gäste sind, so unterschiedlich sind auch deren Ressourcen und Fähigkeiten. Ist beispielsweise der besagte Schneewalzer an der Reihe, ist die Tanzfläche in der Regel in Windeseile voll. Diejenigen Gäste, die Hilfe - z.B. beim Gehen - benötigen, erhalten diese von den Mitarbeitern der Alzheimer Angehörigen-Initiative. Rollstühle werden an oder gar auf die Tanzfläche geschoben. Beim Sitztanz tanzen die Gäste mit den Händen und Oberkörper - manchmal auch mit den Beinen - mit. Etwas ganz Wichtiges kann bei all dem immer wieder beobachtet werden: Die vertrauten Melodien und Schlager wecken nicht nur Erinnerungen an frühere "gesunde" Zeiten, sondern versetzt Gesunde wie Kranke in diese Zeiten zurück. Bringen Empfindungen zurück. Nicht nur Informationen - wie Texte - sondern auch die damit verbundenen Gefühle werden durch wieder aus dem Langzeitgedächtnis abgerufen. Man fühlt sich nicht nur jung wie früher, es wird auch Energie freigesetzt wie früher - ruhende Fähigkeiten geweckt. Die schmerzvolle Gegenwart tritt für einige Zeit völlig in den Hintergrund. So ist häufig zu beobachten, dass auch Demenzkranke, die mit dem Verlust der Sprachfähigkeit zu kämpfen haben, die vertrauten Melodien mitsummen oder sogar die Texte streckenweise mit singen. Förderung der Bewegung und Lenkung des BewegungsdrangesDie Musik fördert und unterstützt auch den Wunsch nach Bewegung. So gelingt es zum Teil, den häufig beobachteten Bewegungsdrang der Kranken - wie ruheloses Umherwandern - zu lenken und die Bewegungsressourcen optimal zu nutzen. Das tut auch dem Kreislauf gut. Auch die lange erhalten gebliebene Fähigkeit der Kranken zum Nachahmen kann beim Tanz genutzt werden. Häufig ahmen Kranke die Bewegungen anderer Tänzer nach und so probieren auch neue Bewegungsabläufe aus. Geschützte und diskriminierungsfreie UmgebungNatürlich geht auch beim Tanzcafé nicht immer alles glatt. Auch hier kippt mal ein Glas oder eine Tasse um oder ein Stück Käsekuchen fällt zu Boden. - Nur: Hier darf etwas passieren! Hier ist es überhaupt kein Problem: Alle im Tanzsaal - ob selber betroffen oder nicht - alle wissen um die Hürden und Probleme, die Alzheimer-Kranke und ihre Bezugspersonen zu bewältigen haben: Natürlich neigen auch im Tanzcafé Kranke dazu, wegzulaufen oder tragen eine "Windel", die mal anfängt zu riechen. Doch dies hat hier keine weiteren Konsequenzen, als der begleitete Gang zur Toilette. Oder man begleitet den Kranken, der weglaufen will, auf einen kurzen Gang durch den schönen Garten, der den Mittelhof umgibt. So ist das Tanzcafé eine geschützte und diskriminierungsfreie Umgebung. Austausch, Informationen und Hilfe für pflegende AngehörigeDies erleben nicht nur die Kranken positiv, sondern auch die Angehörigen. Selbst wenn es manch einem pflegenden Kind oder Ehepartner schwer fällt, den betreuten Familienangehörigen einmal "loszulassen", hier können sich die sehr beanspruchten pflegenden Angehörigen auch mal zurücklehnen und getrost ein Stück Verantwortung abgeben. Auch sie erleben ihre Eltern oder Partner wieder neu und bekommen ein Stück gelebten Lebens zurück. Und das Erleben vieler Mitbetroffener - und die Gemeinschaft mit ihnen - hilft das Gefühl der Einsamkeit und Isolation zumindest für einige zeit zu überwinden. Während auch mal jemand anderes mit dem oder der Kranken tanzt - zum Beispiel ein Mitarbeiter der Alzheimer Angehörigen-initiative - können sich die Angehörige auch untereinander austauschen und erhalten. Und - wenn sie das möchten - auch hilfreiche Informationen durch die anwesenden Pflegeprofis der Alzheimer Angehörigen-Initiative. Neue Impulse für professionelle PflegekräfteDoch auch von stationären Pflegeeinrichtungen wird das Tanzcafé regelmäßig besucht. Die hier lebenden Alzheimer-Kranken können nicht mehr in gewohnter häuslicher Umgebung leben und das Pflegepersonal hat die besondere Aufgabe, die Vorlieben und Interessen eines Bewohners zu erkennen und diese Daten in den Pflegeprozess einzubeziehen. - Um dem Kranken ein Leben in Würde zu ermöglichen, sind Kenntnisse über die Dinge notwendig, die der Kranke liebt und gewohnt ist zu tun. Der Pflegealltag ist anstrengend und auch das Pflegepersonal wünscht sich, mehr Zeit mit den Kranken verbringen zu können, nicht so unter Druck zu stehen. Als ich einmal mit zwei meiner demenzkranken Patienten einen Nachmittag im Tanzcafé verbrachte, konnte ich sie von einer ganz anderen Seite kennen lernen. So entpuppte sich ein langjähriger Patient, den ich nur misstrauisch und kontaktscheu kannte, als hervorragender Tänzer. Er erzählte mir, dass er sich nach dem Tod seiner Frau zurückgezogen habe und nicht mehr tanzen gegangen sei. Ihm wurde Bewunderung für seine Tanzleistungen entgegengebracht. Dieser Patient sprach noch sehr lange von diesem Erlebnis. Dieses Wissen um seine Lebensgeschichte half mir, dem Misstrauen des Patienten behutsam begegnen zu können, Ressourcen in der Pflege zu nutzen und ihn zu regelmäßiger Bewegung anzuregen. AusklangDie Tanzveranstaltung dauert in der Regel zweieinhalb Stunden. Dann werden viele Kranke allmählich müde. Wir erleben aber auch Kranke und Angehörige, die am liebsten gar nicht gehen wollen. Eine alte Dame, die regelmäßig mit ihrem pflegenden Ehemann kommt, klammerte sich an einer Mitarbeiterin fest und sagte: "Ich will hier bei dir bleiben!" AusblickUm auch in weiteren Berliner Stadtteilen tanz- und kontaktfreudigen Dementen und deren Angehörigen den Besuch eines Tanzcafés zu ermöglichen und ums sie an seinen positiven Auswirkungen teilhaben zu lassen, plant die AAI weitere Tanzcafés einzurichten. So eröffnet die AAI in Zusammenarbeit mit dem Evangelischen Geriatriezentrum Berlin Ende dieses Jahres ein weiteres Tanzcafé im Wedding. Und es werden hoffentlich noch weitere folgen. Denn nicht nur in Zehlendorf wollen wir durch das Tanzen im beschützenden Rahmen dazu beigetragen, den Menschen trotz der Alzheimer-Krankheit die Würde zu bewahren. |
Und hier noch ein Bericht von Dr. Günter Queißer über die Eröffnung des 1. Alzheimer-Tanzcafés in Berlin.