Wichtige Punkte zur Podiumsdiskussion "Pflegeversicherung" am 7.5.99 in TübingenHauptkritikpunkte:
Gesamteinschätzung:Die Pflegeversicherung ist in erster Linie technokratisch und nicht qualitätsorientiert. - Die Einstufungskriterien sollen juristisch klar und nachprüfbar sein, Die Bemühungen, das System Pflegeversicherung zu verbessern gingen bisher dahin, die Einstufungskriterien zu präzisieren, die Begutachtung aufwendiger zu machen und Gutachter zu qualifizieren. Es wäre jedoch ein Fehlschluss zu glauben, dass dadurch die Pflegeversicherung an sich besser oder gerechter geworden sei. Wirkungsgrad der Pflegeversicherung:Zahl der Fehleinschätzungen (meist zu niedrig) geschätzt = 20-30% nach Widerspruch und fachlicher Beratung = 10-15% (Grund: fehlende Beratung; fehlende Kenntnisse, Darstellungsfähigkeit, Durchsetzungsfähigkeit Betroffener) Die derzeitige Konzeption der PV bringt es mit sich, dass viele Menschen viel Zeit in pflegeferne Tätigkeiten investieren müssen:
Würde man diesen Gesamtaufwand plus der finanziellen Leistungen in Relation zur tatsächlich sinnvoll geleisteten Pflege aufgrund der Leistungen stellen, dürfte sich ein Wirkungsgrad von nicht mehr als 60% ergeben. Es muß daß Ziel der Pflegeversicherung sein, ihren Wirkungsgrad zu erhöhen, das heißt, die eingesetzten Solidarleistungen müssen zu einem höheren Anteil direkt in sinnvolle und wirksame Pflege umgesetzt werden. Mindestforderungen:
Grundsätzliche Forderungen:Die Pflegeversicherung ist in ihrer heutigen Form ein Erstversuch und Experimentierfeld, in dem aus vielen Fehlern gelernt werden kann. Da sich aus noch so minutendifferenzierten und komplizierten Einstufungsregeln insgesamt keine gerechtere und auch keine sinnvollere Einstufungen ergeben haben, sollte das Augenmerk viel mehr auf die Fachlichkeit und den pflegerischen Sinn einer Einstufung gelegt werden. Die Notwendigkeit und der Umfang sinnvoller pflegerischer Unterstützung müssen im Mittelpunkt stehen. Es bedarf einer sehr qualifizierten fachpflegerischen Bewertung, welche Maßnahmen im Einzelfall sinnvoll, notwendig und auch durchführbar sind, weil entsprechende Angebote vorhanden sind. Eine solche Bewertung lässt sich nicht durch Minutenzählerei anstellen, sondern setzt ein eingehendes pflegerisches Fachwissen und Praxiserfahrung voraus. Begutachtungen mit dieser Kompetenz würden dazu führen, dass Leistungen wesentlich zielgerichteter verteilt werden. in Stichpunkten:
Abkehr vom Modulsystem: - Die Pflege Demenzkranker läßt sich nicht in körperliche Säuberungsaktionen zergliedern. - Der Systematik liegt insgesamt ein rückschrittliches Pflegeverständnis zugrunde (satt-sauber) - Das Modulsystem vermeidet sinnvolle Spezialisierungen von Diensten, z.B. auf Demenzkranke => Stattdessen:
=> Diese hohe Qualität für Bewertungen, Beratungen und Begutachtungen ist nur durch speziell ausgebildete Fachkräfte leistbar (z.B. auch ein Psychologe kann nicht durch ein paar Schnellkurse lernen, Medikamente zu verordnen, weil er im Studium etwas über Menschen gelernt hat. Im Pflegebereich wird jedoch oft von solchen Philosophien ausgegangen) => Vorschlag: an Fachhochschulen für Pflege sollten Studienschwerpunkte für diesen speziellen Bereich und Anforderungen eingerichtet werden. Die Absolventen (Pflegewirte) sollten folgende Voraussetzungen mitbringen, um im Bereich individuelle Pflegebegutachtung, Pflegeberatung, Qualitätsprüfung von Institutionen und Pflegeentwicklung tätig zu sein:
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