1995 Rosemarie Drenhaus-Wagner staatlich anerkannte Altenpflegerin Stand:
April 14, 1998 "Dieses Curriculum wurde für eine umfangreiche Vortragsreihe zum Thema "Der einfühlsame
Umgang mit den Defiziten, Bedürfnissen und Gefühlen Demenzkranker" aus einer Fülle allgemein zugänglicher
Fachliteratur (Büchern, Broschüren, Fachzeitschriften, etc.) zusammengetragen, neu gegliedert und in
"strukturiertes Deutsch" übersetzt, zum Teil auch um eigene Beiträge ergaenzt. Die Autorin erhebt
ausdrücklich nicht den Anspruch geistige Urheberin all der hier wiedergegebenen Sachinformationen, Hinweise und Tips zu
sein. Es wäre im Nachhinein nur mit grossem Aufwand möglich die jeweilige Quelle zu zitieren und würde auch erheblich
die Lesbarkeit stören. Zudem ist oftmals der eigentliche Urheber kaum auszumachen - zu sehr gleichen sich in vielen
Punkten die Inhalte der verschiedenen Publikationen. Wir bitten daher die "Erfinder" von Methoden, Techniken
und Tips um Verständnis, und verweisen an dieser Stelle nur ganz allgemein auf unsere Literaturliste (siehe Unterpunkte
zu 2.16 des Top Level Inhaltsverzeichnisses)."
Die Alzheimer-Krankheit ø Situation der Angehörigen / Verlust der Merk- & Denkfähigkeit
ø Verlust der Orientierung (Zeit, Raum, Situation, Personen, Ich, eigenen Körper) ø Störung der Kommunikation ø
motorische Defizite ø Verhaltensstörungen
Von A - Z in Stichworten in 7 Teilen
2. Zur Situation des pflegenden Angehörigen.
2.1 Die
Situation des Angehörigen zu Beginn der Krankheit. 2.2 Häufige
Fehler. 2.3 Der Leidensweg während der langen Jahre der Pflege.
2.4 Typische Schwierigkeiten und was hilft, sie zu mindern. 2.5
Gesprächsgruppen helfen.
2. Zur Situation des pflegenden Angehörigen
Die besondere Bedeutung des pflegenden Angehörigen: Für das Wohlbefinden des Kranken extrem wichtig: Konstanz
des persönlichen Umfeldes (= Menschen + Umgebung)
2.1 Die Situation des Angehörigen zu Beginn (d.h. in Unkenntnis) der Krankheit
Der vertraute Mensch ändert sich unvermittelt; er: -
zeigt Fehlhandlungen - ist z.B. nicht mehr:
hilfsbereit, zuverlässig, vergißt wichtige Daten, findet nicht mehr nach Hause
- verhält sich ungewöhnlich: Beschimpfen, Mißtrauen, Beschuldigen,
- schwankt zwischen unerklärlichen Stimmungslagen wie: Depressivität, Überempfindlichkeit, Rückzugsverhalten,
Ängstlichkeit und zielloser Unruhe => Der
Angehörige reagiert unangemessen (aus Unkenntnis der Ursache werden Symptome falsch zugeordnet); er:
- reagiert mit Vorwürfen auf enttäuschte Erwartungen
- diskutiert rational über unangemessenes Verhalten
- reagiert verunsichert auf ungewohnte Stimmungslagen
=> Irgendwann konfrontiert ihn eine aussichtslose ärztliche Prognose mit:
- der Aufbürdung all der Aufgaben und Funktionen, die bisher der jetzt Erkrankte erfüllt hat,
- dem Verlust an Sicherheit und Geborgenheit durch den nunmehr erkrankten Partner,
- der Gewißheit, berechtigte Hoffnungen auf einen vielversprechenden Lebensabschnitt begraben zu müssen,
- der Aufgabe der Pflege, auf die er nicht vorbereitet ist (und u.U. nicht leisten kann oder will)
2.2 Häufige Fehler
Pflege eines Demenzkranken erfordert: - höchstes
Einfühlungsvermögen - große Flexibilität
- viel Phantasie - Ruhe und Gelassenheit. Wer
hat das schon alles in einer Person und das unter diesen widrigen Umständen?
Wegen Unwissenheit (fehlende Ratgeber) über die Krankheit und Unverständnis für die Situation des Kranken, sowie
durch verzweifeltes Leugnen der Krankheit => argumentiert
und diskutiert der Pflegende mit dem Kranken => führt
nicht zum gewünschten Ergebnis => zehrt enorm an
den Kräften aller Beteiligten => übersieht oder
verharmlost der Pflegende Symptome und Veränderungen
=> verhindert notwendige medizinische Versorgung
=> überfordert er den Kranken und überschätzt seine Fähigkeiten
=> Streß beim Kranken (=> Teufelskreis!)
=> Enttäuschungen beim Pflegenden => verallgemeinert
der Pflegende einzelne Defizite des Kranken oder bewertet sie über
=> Bevormundung des Kranken (siehe nächste Folie oben)
=> Überversorgung des Kranken (siehe nächste Folie Mitte)
Aus fehlender Motivation für die Pflegeaufgabe, aus Entmutigung angesichts des Umfangs und Dauer dieser Aufgabe
und aus Resignation angesichts des fortschreitenden Verfalls bei gleichzeitig aufopferndem Einsatz
=> bevormundet der Pflegende den Kranken => schneller
Verlust noch möglicher Normalität und Eigenständigkeit
=> verstärkt Verlassenheits- und Einsamkeitsbgefühle des Pflegenden.
=> vermindert noch mögliche Selbstbestimmung und schädigt das Selbstbewußtsein des Kranken
=> Unsicherheit und Ängstlichkeit => steigern
die Verwirrtheit (Teufelskreis!)
Aus Schuldgefühlen wegen früheren Fehlverhaltens und aus Verpflichtungsgefühlen
=> wird der Kranke überversorgt (unterfordert), u.U. vorzeitig "ins Bett gepflegt"
=> schnellerer Verlust der Restfähigkeiten
Aus Überlastung verbunden mit Zeitdruck und Erschöpfung
=> reagiert der Pflegende ungeduldig, gereizt, aggressiv
=> verschlimmert die Situation bis zur Ausweglosigkeit
=> Suizidgefahr für den Pflegenden! => unerträglich
werdende Schuldgefühle => Wiedergutmachung durch
erhöhte Anstrengung => weiterer Überlastung
(Teufelskreis!) "Wiedergutmachung ist später leider nicht mehr möglich, weil der Kranke nichts mehr versteht. Die
Schuldgefühle quälen auch über den Tod hinaus."
2.3 Der Leidensweg während der langen Jahre der Pflege
wachsende psychische Belastung durch - anfängliches
Unverständnis + Unwissenheit - Persönlichkeitsveränder.
(insbes. Gefühlslabilität) => Abschiednehmen
(ohne Trennung): Die Krankheit raubt den geliebten Menschen Stück für Stück.
- Kranker entspricht immer weniger dem Bild des vertrauten Menschen (Partner oder Elternteil)
=> Rollenwechsel - Tochter wird zur Mutter /
Ehemann zum Bruder oder Kind - der ehemals Leitende
muß geführt werden - der eigentlich Schwächere
muß die Rolle des Stärkeren übernehmen - Gratwanderung
während des sehr langen und meist einsamen Lernprozesses
- den eigenen Widerstand, die Krankheit als Tatsache zu akzeptieren (aussichtsloser Kampf!)
fortschreitender Krankheitsverlauf erfordert => ständiges
Umstellen auf neue Lebenssituationen => langen
Lernprozeß am Rande der physischen und psychischen Erschöpfung = Gratwanderung zwischen:
- Forderung und Überforderung, - den eigenen
Bedürfnissen und denen des Kranken, - unverständlichen,
uneineindeutigen Willensäußerungen und tatsächlichem Wunsch
- Achtung der Würde und Notwendigkeit, den Intimbereich zu überschreiten
=> Anspruchshaltung und Versagen => Krisensituationen
eigene körperliche Beschwerden + physische Anforderungen
=> Erschöpfung + Verlust jeden persönlichen Freiraums (z.B. eigener Zahnarztbesuch)
Rückzug der Freunde und Familie + Zeitmangel, um Kontakte aufrecht zu erhalten => Isolation
Psychische Belastung + psychische Krisen + Erschöpfung + Isolation => Depression
=> Der Pflegende ist das 2. Opfer, das diese grausame Krankheit stets fordert.
2.4 Typische Schwierigkeiten und was hilft, sie zu mindern
Der pflegende Angehörige
ist eingeengt, überlastet und reagiert gereizt ! ! andere Helfer einbeziehen:
Familie, Freunde und Professionelle ! ! frühzeitig Pflege planen!
wird von negativen Gefühlen gequält: - Schuld,
Verpflichtungsgefühle, Ablehnung, Überdruß, Ekel, Verzweiflung, Trauer ! !
darüber reden: am besten mit anderen Betroffenen (Gesprächsgruppe)
läßt sich nicht von anderen helfen (die machen's nicht gut genug) ! ! nüchtern
Bilanz ziehen: eigene Belange + Ansprüche des Kranken Grundsatz: Für sich selber sorgen!
=> Fühlt sich der Angehörige wohl, geht es auch dem Kranken besser. ! !
darüber reden: am besten mit anderen Betroffenen (Gesprächsgruppe) oder in der Beratung
bekommt ungerechtfertigte Vorwürfe (besonders nach eingetretener Verschlechterung). ! !
informieren: Arzt + Literatur über Art der Krankheit und Prognose befragen
befürchtet selbst dement zu werden ! ! informieren: Arzt + Literatur über Art
der Krankheit und Prognose befragen
mag neue Rolle gegenüber dem Kranken nicht annehmen (Rollenwechsel: Frau -> Kind) ! !
Aussprache mit Psychologen ggf. auch mit anderen Betroffenen (Selbsthilfegr.) ! !
Das gemeinsam - in Absprache mit dem Kranken - Erledigte gibt dem Pflegenden Trost und Erleichterung in den Phasen, in
denen der Kranke dann als Ansprechpartner verloren geht.
2.5 Gesprächsgruppen helfen
Gesprächsgruppen helfen dem pflegenden Angehörigen
neue Einstellungen und Erkenntnisse zu entwickeln, z.B.
- mit der Krankheit zu leben, statt gegen sie anzukämpfen)
- mit viel Nähe an dem Leben des Kranken beteiligt zu sein
- empfänglich zu werden, für das, was vom Kranken zurückkommt
- die jetzige Pflicht mit der Dankbarkeit zu verbinden, für das, was er vom Kranken in seinen gesunden Jahren
bekommen hat
sich von psychischem Druck zu entlasten , z.B. - durch
Verarbeitung der Schuldgefühle, die aus Enttäuschung und Wut erwachsen
- durch Aussprechen von Ängsten und Rauslassen von Wut
- Verarbeitung von Trauer
sein Selbstwertgefühl zu stärken, z.B. - durch
die Anerkennung seiner Leistungen und Zerstreuung unberechtigter Selbstzweifel)
- wertvoll für den Kranken zu sein, und eine sinnvolle Aufgabe zu erfüllen
seine soziale Isolation zu überwinden, indem er - in
der Gruppe neue Menschen kennenlernt, die ihn verstehen und ihn wertschätzen
- in einer Atmosphäre der Gemeinsamkeit Problemlösungen diskutiert und gegen Behördenentscheidungen ankämpft
- von Hilfsangeboten anderer Sozialprojekte erfährt
neues Wissen zu erwerben, das ihm hilft - seine
Pflegekompetenz zu erhöhen - die ihn entlastet und
- dem Kranken zugute kommt - wieder eine
realistische Lebensperspektive zu gewinnen - und das
häusliche Umfeld der Krankheit anzupassen - und das
eigene Verhalten der Krankheit anzupassen - als
aufgeklärter Pflegender - medizinische Hilfe
gezielter in Anspruch zu nehmen - sorgsamer mit
Medikamenten (insbes. Psychopharmaka) umzugehen Das Pflegeproblem kann die Gruppe nicht nehmen, aber erträglicher
machen.
Geht es dem Pflegenden gut, fühlt sich auch der Kranke wohler.